Liebe umarmt und reinigt und schenkt Würde

Liebe umarmt und reinigt und schenkt Würde

(Gedanken zum Apostelgottesdienst, Helge Mutschler 1. Sept. 2019)

Bibelwort nachzulesen in: Lukas 5,12.13
(Die Heilung eines Mannes voller Aussatz)

Dieser Gottesdienst ist keine Predigt von einem erhöhten Altar, zu dem wir aufblicken und ermahnt werden, was wir tun und lassen sollen. Nein, wir werden an die Hand genommen, mitten in die Zeit hinein, in der Jesus bei den Menschen ist. Er ist nicht in einem Tempel, sondern draußen bei ihnen, wo sie leben. Wir werden mitgenommen in eine Zeit in der Aussatz eine tödliche Seuche ist, wie heute Ebola, gegen die es kein Mittel gibt, nur die Angst. Diese Angst, die brutale Ausgrenzung und Verachtung, selbst Tötung legitimiert. Der Apostel spricht in Worten und Bildern zu uns, die nicht historisch fern, sondern uns analog hier und jetzt betreffen. Von der Haut, die uns schützt und zusammenhält, die Haut die atmet und Berührungen erst spüren lässt, von der Bedeutung der Lepra, einer hochinfektiösen Krankheit, welche die Nervenenden zerstört, und so den Menschen taub macht für Berührungen und ihn langsam von außen nach innen sterben lässt.

Er führt uns hinein in die Menschenmassen um Jesu herumund lässt uns diesen Moment der Stille in der Geschichte spüren, in der wir von allen Seiten Herzklopfen hören, das Herz des Mannes der auf Heilung hofft, das Herzklopfen der Menschen die schon Steine in die Hand genommen haben, um zu töten und auch das des Herrn selbst. Er führt uns mitten unter sie, uns mit unserem Herzklopfen in unserem aktuellen Leben, mit unseren „Urteilen im Kopf“. Und dann kommt es zu dieser unfassbar schönen Stelle, wie es der Apostel selbst sagte. In der Lutherübersetzung heißt es zurückhaltend, vornehm, „...er streckte die Hand aus und rührte ihn an“. In der ursprünglich altgriechischen Schrift bedeutet die Übersetzung jedoch ein weit tieferes Gefühl und Handeln, „Jesus streckt sich selbst ganz aus, öffnet die Arme, nimmt den Mann ganz in die Arme und drückt ihn an sich“. Es sind nicht Fingerspitzen die vorsichtig berühren, es ist ein ganz in die Hand nehmen,fast ein In-Sich-Aufnehmen.

Jesus steckt mit seiner Liebe und seinem Frieden die Krankheit an. Der Aussatz, die Taubheit verschwinden. Jesus schenkt diesem Menschen Würde! Er gibt nicht nur Gesundheit, sondern Berührung, Wärme und die Möglichkeit ein Teil der Gemeinschaft zu sein. 

Ich..., bin ich vielleicht manchmal der Aussätzige, ausgeschlossen, voller Scham? Jesus ist da und sagt, mein Kind, ich liebe dich. In meinen Augen bist du schön. Strecke dich aus, mit deinem ganzen Interesse nach denen, die an den Rand gedrängt sind. Berühre sie nicht nur mit den Fingerspitzen, sondern berühre sie ganz mit der Liebe Gottes und lass sie wieder an sich selbst glauben. Dieser Gottesdienst, will unsere Taubheit heilen, dass wir nicht wegschauen, sondern da sind, mit ganzem Interesse.

Der Musikbeitrag an diesem Tag geht unter die Haut, ist wie eine lebendige Metapher zu dem Wort. Ich möchte berührt, mit den Worten Rilkes schließen, „alle Kraft die wir fortgeben, kommt verwandelt wieder über uns“.

Handlungen: Versiegelung eines Kindes und die Ordination eines jungen Priesters