Was möchte ich, was Andere mir Gutes tun?

Nicht nur die Jugend aus dem Bezirk Braunschweig kam am 13. November 2016 unter diesem Motto in der Gemeinde Gifhorn zusammen, auch die angehenden Konfirmanden und Kinder hatten parallel ihren eigenen Gottesdienst.

Es war der letzte Jugendgottesdienst für das Jahr 2016, der zum ersten Mal von Priester Olaf Klostermann (Gemeinde Salzgitter-Lebenstedt) gehalten wurde. Als Leitgedanke diente der Gemeinde das Bibelwort

„Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch“. (Matthäus 7, 12)

In vielen Religionen und Kulturen dient dieser Satz in den verschiedensten Formen als Leitsatz, beziehungsweise als Goldene Regel. Während diese Regel durch Christi positiv gefasst ist, ist sie der Allgemeinheit am bekanntesten in ihrer Negativfassung in Form eines Sprichworts: 

„Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“

Priester Klostermann wies zu Beginn des Gottesdienstes darauf hin, dass dieser Satz in der alltäglichen Praxis häufig nicht funktioniert, obwohl dieser Gedanke für viele Menschen wichtig sei. Er erläuterte, dass die Aufforderung Christi auch mit den eigenen Erwartungen verbunden ist, und bei Nichterfüllung zu Frust führen kann.

Was erwartet man ganz persönlich eigentlich von seinem Mitmenschen, wie er einen behandeln soll? Und was erwartet der Mitmensch von einem, wie man ihn behandeln sollte?

Manchmal hat man überzogene Erwartungen an den anderen. Jeder besitzt seinen eigenen Charakter, seine eigene Sichtweise und Werte. Die bezog sich auf ein kurzes Theaterstück, das Jugendliche zu Beginn des Gottesdienstes vorgetragen haben. In die Kirche kam ein Senior, der sich ärgerte, dass ihm manche im Weg standen und die Jugendlichen ihm nicht aus der Jacke halfen. Er ärgerte sich, weil er vielleicht Schmerzen hatte oder Respekt vor dem Alter erwartete. Die Jugendlichen waren verärgert, dass sich der Senior über sie beschwerte, weil sie sich gerade mit einem Jugendlichen unterhielten, der ihnen seine Sorgen erzählte und um Rat fragte. Beide Gruppen hatten somit unterschiedliche Erwartungen: der Senior erwartete Hilfe, die Jugendlichen erwarteten ein freundliches Wort. Letztendlich wollen beide lieb behandelt und respektiert werden.

Doch wer legt eigentlich fest, welche Werte richtig sind? Es geht nicht um das Durchsetzen des eigenen Willens, sondern um den gegenseitigen Respekt, der ein harmonisches Miteinander fördert. Eine gesunde Hand besitzt fünf Finger, keiner der Finger kann sagen, dass er wichtiger sei als der andere, da sie nur zusammen voll funktionsfähig sind. Somit sind alle gleich wichtig, wie in der Gemeinde. Niemand ist durch seine Andersartigkeit gleich schlecht, er ist einfach nur anders als man selbst. Die Lösung: Gegenseitiges Annehmen, nicht gegenseitiges „Schubladisieren“ und den anderen in einer Schublade einsperren.

Natürlich kann einem dabei der Gedanke kommen, dass man doch die ganze Zeit versucht, nur das Anderen zu tun, was man selbst auch erfahren möchte, aber immer wieder gibt es dabei Ärger und man kommt einfach nicht richtig aus seiner Haut heraus. Allerdings haben wir die Möglichkeit jeden Tag mit Gott darüber zu sprechen. Er macht uns keine Vorhaltung wegen unserer Unvollkommenheit und beschenkt uns jeden Tag mit der Gabe des Heiligen Geistes. Mit der Gabe dieses Geistes erinnert uns Gott daran, dass auch der andere von Gott geliebt ist und Christus auch für ihn gestorben ist.

Der Diakon Kai Brust brachte den Gedanken ein, dass es Situationen gibt, in denen man sich sehr viel Mühe gegeben hat etwas Gutes für den anderen zu tun. Dann kriegt man das genaue Gegenteil zurück. Das kann passieren. Aber dann können wir an Jesus Ratschlag denken, dass man auch die andere Wange hinhalten soll, wenn man zu Unrecht auf die eine Seite geschlagen wurde. Er riet, diesen Gedanken Christi folgendermaßen auszulegen:

"Gib jeden Menschen eine zweite Chance, man weiß nie, wann man sie einmal selber brauchen wird!"